Die Geschichte der Maginot-Linie
Durch die geänderten Landesgrenzen nach dem 1. Weltkrieg (Elsaß und Lothringen gehörten wieder zu Frankreich), befanden sich die großen Forts des französischen Festungsgürtel (Verdun, Toul, Epinal, Belfort) zu weit im Hinterland. Schon 1920 begannen die ersten Überlegungen für den Bau einer neuen Befestigungslinie entlang der Nordost-Grenze Frankreichs.
1925 wird schließlich - nach langen Diskussionen über die Art der neuen Befestigungslinie - die "Commission de Défense des Frontières (CDF)" eingesetzt, um den Verlauf der Festungslinie fest zu legen und deren kosten zu schätzen. Die Arbeit der CDF dauerte bis 1927 an. Der nachfolger der CDF, die "Commission d`Organisation des Règions Fortifièes (CORF)" wurde zuerst die Aufgabe zugedacht, einen konkreten Plan für die Errichtung der Festungen auszuarbeiten, die Bauarbeiten zu Planen und sie dann auch auszuführen. Diese Arbei
ten verliefen unter der Schirmherrschaft des damaligen Kriegsministers Painlevè, der Ende 1929 sein Amt an den Namensgeber der Verteidigungslinie, Andrè Maginot, übergab. Der endgültige Startschuss für den Bau der Maginot-Line fiel am 14. Januar 1930 durch die Absegnung des Bauvorhabens durch den Senat, welcher die Gesetzesvorlage mit über 90% der Stimmen annahm.
Zwischen 1929 und 1934 wurde der Hauptteil der Maginot-Linie verwirklicht. Im Rahmen des CORF Bauprogramms wurde der Ausbau entlang der Deutschen-, Schweizer- und Italienischen Grenze Auf einer Länge von 700 Kilometern verwirklicht.
Das Konzept der Maginot-Linie
Die Idee bestand darin, ca. 10 Kilometer hinter der Grenze eine durchgehende Befestigungslinie zu schaffen, die mit Artillerie- und Infanteriefeuer einen Durchmarsch des Feindes verhindert. Rückgrad der Linie waren die schwer befestigten Werkgruppen (Artillerie- und Infanteriegruppen) und die kleinen Zwischen werke (Kasematten). Ihre Lage im Gelände war so gewählt, das sie sich gegenseitig decken konnten. Ihr Feuer war flankierend.
Die Artilleriewerkgruppen
Die größten Anlagen waren die Artilleriewerke. Ihr Idealkonzept sah so aus, das sie Eingangsblöcke besaßen, die, vor feindlicher Einsicht und Beschuss sicher, hinter einem Berg, Hügel oder Geländeerhebung lagen. Durch den Berg wurde dann ein Stollen getrieben und auf der Feindseite Kampfblocks errichtet. Die Ausstattung der Kampfblocks konnte als Infanteriekasematte ausgeführt sein, es gab Blocks mit MG-Panzertürmen, Geschützkasematten, Geschütz-Panzertürme, Beobachterblocks oder gemischte Blocks. Die Panzertürme konnten versenkt und gedreht werden. Ein Artilleriewerk bestand aus 6 - 17 Kampfblocks. Die Infrastruktur sah unterirdische Kasernen vor, es gab eine eigene Stromversorgung mit Dieselaggregaten, Kommando- und Kommunikationseinrichtungen, Küchen und Lagerräume für Wasser, Munition, Lebensmittel usw., so das die Werke für mehrere Wochen und Monate autonom operieren konnten. Die Belüftung der Werke sah Gasfilter vor, um die Besatzung vor einem Gasangriff zu schützen. Die Mannschaftseingänge befanden sich meist oberhalb des eigentlichen Stollensystems und waren über einen Treppenschacht mit Aufzug angeschlossen. Die Munitions- bzw. Materialeingange wurden, wenn möglich, ebenerdig realisiert (Simserhof), wenn dies nicht möglich war aber auch über Schächte mit Lastenaufzügen (Schoenenbourg) oder schräge Stollen. Die Anlagen befanden sich so meist zwischen 20 und 30 Metern unter der Erde, konnten aber im Extremfall auch 95 Meter err
eichen. Wegen der großen Entfernung zwischen den Eingängen und den Kampfblocks kam in den meisten Werken eine elektrische Werksbahn (Typ Vetra) zum Einsatz, die über Oberleitungen mit Strom versorgt wurde.
Die Infanteriewerkgruppen
Dem Konzept der Artilleriewerkgruppen folgend, aber kleiner in ihren Ausmaßen und mit Infanterieblocks ausgestattet, füllen die Infanteriewerkgruppen die Zwischenräume der Artilleriewerke auf oder unterstützen diese. Üblicherweis hatten sie 2 - 4 Kampfblöcke, wobei einer der Kampfblöcke oft als Eingang diente weil eigene Eingangsblocks fehlten. Sie besaßen auch Ruheräume, Vorratsräume und Stromaggregate, g
rößere Infanteriewerkgruppen waren auch mit einer Werksbahn ausgestattet.
Die Zwischenwerke
Als Zwischenwerke bezeichnet werden die schweren Kampfbunker (Kasematten), die Großunterstände (Abris) und die Beobachtungsbunker (Observatoires). Die Bewaffnung der Kasematten bestand aus PAK und Maschinengewehren, ausgeführt als schweres Maschinengewehr (SMG) in den Kampfscharten oder leichtes Maschinengewehr (SMG) in den Eingangsverteidigungsscharten und Panzerglocken. In den Glocken konnten zusätzlich Granatwerfer zum Einsatz kommen. Die Abris waren Kasernenbunker welche die Feldtruppen aufnehmen konnten. Es gab zwei Ausführungen: Ebenerdige Unterstände (abris de surface) mit ein oder zwei Stockwerken und Unterirdische Unterstände (abris cavernes). Cavernes besaßen, wie die Werke, Eingangsblocks zu den 20 Metern unter der Erde liegenden Kasernen. Die Observatoires besaßen zwei Panzerglocken
die die Beobachtung mit einem schwenkbaren Fernglas und die Feuerleitung mit einem Periskop ermöglichten. Sie gaben die Informationen per Funk oder Festungstelefonnetz an die Werke und Kasematten weiter. Die Zwischenwerke waren in Hinterhanglage errichtet oder in Feindrichtung mit Erde angeschüttet, somit waren sie praktisch unsichtbar, nur die Panzerglocken waren zu sehen. Auch die Zwischenwerke waren mit eigenen Stromaggregaten, Wasserversorgung und Lüftung autonom.
Die CORF wurde 1935 aufgelöst, nachdem der Hauptausbau wie beschrieben beendet war. Die Arbeiten gingen aber weiter, allerdings nicht mehr von zentraler Stelle koordiniert, sondern von den regionalen Militärbefehlshabern geleitet. Zur Ausführung kamen nun "Billigbunker", deren Kampfwert , verglichen mit den CORF- Bauten, fragwürdig war. Gebaut wurden nun MOM-Kleinkampfanlagen (MOM = Main-`d aeuvre militaire = von der Truppe selbst gebaute Bunker), Anlagen für Marinekanonen, PAK, Unterstände, Befehlsstände, Sanitätsstände und Nachrichtenstände, oft in offener Ausführung bzw. als befestigte Erdstellung. Eine genaue Klassifizierung der MOM-Anlagen ist wegen ihrer großen Vielfalt nicht möglich.
Von besserem Kampfwert waren die STG-Bunker. Unter dieser Bezeichnung kamen im Wesentlichen
weitere Kasematten, Befehlsstände, Beobachtungsstände und Artilleriestellungen zu Ausführung, die, zwar hochwertiger wie die MOM-Anlagen, in ihrer Qualität nicht an die CORF-Bauten heranreichten.
Um Feindlichen Truppen den Vormarsch zu erschweren, kam es zur Anlage von Überschwemmungsgebieten, die mit angestautem Wasser geflutet werden konnten. Auch lässt die Maginot-Linie eine gewisse Tiefengliederung erkennen (wenn auch in ihrer Ausbaustärke nicht mit dem Westwall vergleichbar). So gab es die Grenzwachthäuser (maisons-fortes) zur Meldung eines Grenzübertrittes feindlicher Truppen und zu einer schnellen Sprengung von Straßen, Brücken und Kreuzungen durch die dort stationierten Truppen, eine Vorpostenlinie mit PAK- und MG-Bunkern zum Zeitgewinn für die Herstellung der Kampfbereitschaft der Werke und Kasematten, Panzerhindernisse als Schienensperren und Schranken, sowie eine Rückwärtige Infrastruktur zur Versorgung der Hauptkampflinie (HKL).
Letztendlich bleibt festzuhalten, dass die gigantische Maginot-Linie zwar den Angriffen auf si
e problemlos Widerstand, letztendlich aber nutzlos war, da der deutsche Angriff 1940 sie über Holland und Belgien einfach Umgang und von hinten aufrollte.
Amerikanische Truppen am Block 13 des Hochwald 1944
Eingang des Artilleriewerk Hackenberg
Eingangsbereich des Beobachter Hundspach
Vetra Werksbahn im Werk Schoenenbourg
Block 1 Schoenenbourg mit Lüftungspanzer und GFM Glocke
Vordergrund: Block 3 Schoenenbourg mit GFM Glocke und
Panzerturm versenkt (2x 7,5 cm Kanonen), Hintergrund: GFM
Glocke des Block 6